Ich möchte im Folgenden etwas darüber schreiben, was ich unter Yoga verstehe und warum ich unterrichte, wie ich unterrichte. Wie geschriebene Worte das immer so an sich haben, reichen sie in den seltensten Fällen an die erfahrbare Realität heran – daher lade ich dich herzlich ein dir dein eigenes Bild zu machen.
Die Yogalehre stammt ursprünglich aus Indien. Es handelt sich um ein Übungssystem, das uns als gesamten Menschen im Blick behält - die Bewegungsabläufe folgen einem ganzheitlichen Ansatz. Yoga eignet sich für alle, weil sich die Praxis individuell anpassen lässt. Yoga ist dabei keiner bestimmten Religion untergeordnet, ist also frei von Dogmen.
Folgende Leitlinien prägen meinen Unterricht:
Bewegung und Haltung mit dir ausfüllen
»Es gibt so viele Asanas wie Menschen« (Krishnamacharya, Yogalehrer des 20. Jhd.). Nach meinem Verständnis von Yoga ist eine Bewegung und Haltung (Asana) keine exakte Schablone, wo du versuchst irgendwann einmal hineinzupassen. Mir ist es wichtig, dass du eine gesunde Art und Weise findest mit deinen Möglichkeiten und Begrenzungen, mit deiner Tagesform und Kraft, in die Praxis zu gehen. Da wir uns alle voneinander unterscheiden, individuell anders auf Bewegungen reagieren, jeweils an einem anderen Punkt starten, unterrichte ich variantenreich und versuche dir viel Raum zu lassen.
Üben in Schritten
Meine Stunden haben meist einen thematischen Fokus, dem der Aufbau und die Auswahl der Asanas (Haltungen) folgt. Beginnend mit einfachen Bewegungen entwickeln wir im Laufe einer Stunde komplexere Bewegungsabfolgen, durch die du in deinem Atemtempo hindurch fließen kannst. Dieses Prinzip nennt sich vinyasa krama, statische Haltungen und Dynamik wechseln sich dabei ab. In die Abläufe kannst du dich einüben, sie bieten Räume für Entwicklung und Entfaltung. Du lernst mehr und mehr dich im Rhythmus deines Atems mit gesammelter Aufmerksamkeit stabil von einer Haltung in die andere zu bewegen.
Sich als ganzer Mensch erfahren statt den Körper zu beherrschen
Das Prinzip die Gedanken und Gefühle dahin einzusammeln, wo der Körper längst ist – ins Hier und Jetzt, ganz in die Gegenwart – bestimmt meinen Unterricht. Wir üben unseren Körper nicht zu beherrschen, schieben dem eigenen Ehrgeiz bewusst einen Riegel vor und konzentrieren uns viel mehr darauf mit Körper, Seele und Geist, also als ganzer Mensch, auf der Matte anzukommen, die Wirkung jeder einzelnen Asana (Haltung) bewusst zu spüren – Bewegung für Bewegung, Atemzug für Atemzug.
In einer kleinen Gruppe unterwegs sein
Es entsteht Abend für Abend ein sozialer Ort gefüllt mit unterschiedlichen Menschen, die gemeinsam praktizieren; den Raum als eine Art Weggemeinschaft füllen. Ich wünsche uns in diesen Zeiten einen Raum, in dem wir uns nicht vergleichen, in dem es nicht um Ehrgeiz und Fortschritt, darum „irgendwo hin zu müssen und noch nicht da zu sein“ geht – solche Räume gibt es schon genug: um uns und sehr oft auch in uns. Ich wünsche uns mehr und mehr einen Raum, in dem Gnade und Frieden regieren – wo wir also bewusst etwas anderes einüben.
Yoga als offener Weg
Als Menschen mit verschiedensten Beweggründen können wir dennoch gemeinsam Yoga praktizieren, die Zeit miteinander erleben und auch teilen. Ich überlasse es dabei dir, was Yoga für dich bedeutet und unterrichte Yoga erst einmal als neutrales Bewegungssystem, als Körperarbeit, gebe aber immer wieder ausgehend von meinem persönlichen Verständnis Impulse weiter.
Für mich persönlich ist Yoga kein Selbstzweck, noch dient es der Selbstoptimierung und Leistungssteigerung. Ich verstehe Yoga als Übungsweg, den unruhigen Geist in die Ruhe, ins Dasein zu begleiten, mich sitzend in Stille am Ende der Praxis wiederzufinden, Wandlung und spürbare Veränderung in meinem Alltag zu erleben. Es geht wie so oft um das rechte Maß zwischen dem nach Innen gehen, sich selbst (ein)sammeln und wahrnehmen (lernen), Eintauchen in die Stille, die Augen geschlossen halten und dem Auftauchen, dem nach Außen gehen, die Augen öffnen für die Welt, in der wir leben, für die Menschen, denen wir begegnen, für die Belange unseres Landes.
Ich persönlich wünsche mir, dass unser gemeinsames Üben dazu beiträgt, dass wir mehr und mehr das werden, was wir im tiefsten Grunde unseres Seins längst sind: Liebende – liebevolle Menschen und das dies für uns selbst und unser Umfeld spürbar wird.
Mögen Gnade und Frieden in uns Raum gewinnen. Namasté.